Bereits im Jahr 2009 kamen bei mir erste Gedanken auf. Gedanken an einen längeren Aufenthalt im südlichen Europa. Gründe dafür gab es bereits damals und haben sich im Laufe der letzten Jahre weiter angehäuft.
Zum Einen ist natürlich das miserable Wetter in Deutschland ein verständlicher Grund, den viele von euch wahrscheinlich mit mir teilen. Schaut mal in den Himmel. Jetzt! … grau? Natürlich! Man wächst mit dem Wetter auf und daher gewöhnt man sich irgendwann daran. Aber achtet mal darauf, wie alle sehnsüchtig einem vorhergesagten sonnigen Wochenende entgegenfiebern. Jeder versucht die selten sonnigen Tage zu nutzen und jeden Tag wird die Wettervorhersage genau verfolgt.
Zum Anderen geht mir immer mehr die Lebensfreude verloren. Alle jagen nur noch dem Erfolg hinterher, um sich dem suggerierten Lebensziel anzunähern. Streben nach Erfolg ist sicherlich nicht verkehrt und lehrt ja auch Disziplin und weitere Eigenschaften, die den Deutschen zu Recht oft nachgesagt werden. Aber alles muss in einer angemessenen Geschwindigkeit und Verträglichkeit geschehen. Leider ist dieses Maß schon seit vielen Jahren überschritten worden und macht die Menschen mehr und mehr unglücklich als zufrieden. Das lässt sich auf viele andere Bereiche des Lebens übertragen. Slow down Germany! Wir nähern uns in einigen Bereichen den amerikanischen Verhältnissen… ich persönlich halte das für das deutsche Volk nicht als erstrebenswert.
Desweiteren bin ich inzwischen seit knapp 20 Jahren in festen Arbeitsverhältnissen. Ich habe festgestellt, daß meine Arbeitskraft in letzter Zeit schwindet und ich das Niveau nur mit allergrößter Anstrengung und großem Aufwand aufrecht erhalten kann. Die Gedanken an einen zeitlichen Ausstieg nahmen immer weiter zu. Ich nehme den Begriff „Burnout“ nur ungerne zur Hand, weil es oft zu schnell und fälschlicherweise in Anspruch genommen wird. Aber viele der Symptome muss ich leider bei mir feststellen. Also muss ich die Notbremse ziehen, um nicht zu spät darauf zu reagieren.
Viele dieser ganzen Gründe spiegeln sich meiner Meinung nach auch in den Gesichtern wieder. Geht mal an einem Wochentag durch die Stadt und schaut den Leuten ins Gesicht. Bedrückte Stimmung, kaum ein Lächeln, alle beschäftigt mit ihren Sorgen und den äußeren Einflüssen. Zuviel Druck, zuviel Kommerz, zuviel Konsum. In Deutschland haben wir inzwischen einen hohen Lebensstandard erreicht. Was immer mehr auf der Strecke bleibt ist die Lebensqualität.
Also habe ich zu Beginn 2011 angefangen, mir intensivere Gedanken über eine Pause zu machen. Wie finanziere ich das? Wohin zieht es mich überhaupt? Ich liebe die Sonne und das Klima im Süden Europas. Es gibt auch viele praktische Gründe, die für einen Aufenthalt innerhalb Europas sprechen. Ich liebe die Aussicht auf das Meer. Warum nicht direkt auf eine Insel? Wenn schon, dann auch direkt richtig! Ich kenne Mallorca, ich war auf Teneriffa. Irgendwas fehlte. Bis ich 2011 mit meinen Freunden zum ersten Mal Urlaub auf Kreta gemacht habe. Die Insel hatte mich innerhalb der ersten Stunde! Jeder der Kreta kennt und liebt, weiß genau von welcher Kraft ich hier spreche. Man kann es wirklich schlecht erklären. Die Landschaft, die Küsten, das Meer, die Orte, die Menschen, die Freundlichkeit, die Lebensart und das große Etwas, das hier über Allem schwebt und einfach ein gutes Gefühl erzeugt! Kreta ist eine kleine Welt für sich und bietet alle Facetten.
Ich möchte auch mal erfahren, wie es sich auf einer Insel lebt. Und zwar jetzt! Wenn ich mitten im Leben stehe. Viele arbeiten ihr Leben lang darauf hin, das im Ruhestand machen zu können. Wenn man gesund bleibt, kann man das sicherlich auch genießen… aber jetzt, mit 38 Jahren, empfinde ich den Zeitpunkt als optimal.
Ich möchte die weiteren Einzelheiten meiner Planung nicht unnötig ausbreiten. Mein Job ermöglicht 80% meiner Arbeitsleistung über das Internet. Meinem Arbeitgeber bin ich sehr dankbar, daß er Verständnis für meine Situation gezeigt hat und sicherlich auch den Nutzen einer (teilweise) Auszeit erkannt hat. Ein Jahr Aufenthalt ohne Einkommen ist für mich nicht finanzierbar. Arbeit auf Kreta zu finden unmöglich. Daher habe ich mit meinem Chef ein Abkommen über Teilzeitarbeit getroffen. Ich kann von Kreta aus 3 Tage/Woche arbeiten. Das bedeutet natürlich ein eingeschränktes Einkommen aber auch die nötige Freizeit, um wieder Kraft zu tanken und meine Akkus aufzuladen. Das Abkommen sieht einen Zeitraum von einem Jahr vor.
Nachdem die Vereinbarung getroffen war, habe ich vor meiner „Übersiedlung“ eine 4-wöchige Rundreise im Mai/Juni 2012 unternommen. Die täglichen Berichte und Videos könnt ihr oben über den Link „4 Wochen Rundreise“ weiterhin erreichen. Ich habe mir sehr viele Orte angeschaut und habe während der Rundreise schon viel über die Insel erfahren dürfen. Mit diesem Wissen war ich gut gerüstet für meine Unternehmung und die Reise hat mich in meiner Zielauswahl zu 100% bestätigt.
In Deutschland habe ich meine Mietwohnung aufgelöst und fast alles verkauft. Mein Auto habe ich auch aufgegeben. Auf der einen Seite, weil ich dadurch eine finanzielle Reserve bereithalten kann, auf der anderen Seite habe ich mich im Vorfeld mit der Überführung des KFZ befasst und bin zum Schluss gekommen, daß sich dies finanziell nicht rechnet. Es gibt zwar keine Verzollung mehr in Europa, aber die Griechen sind erfinderisch und nennen das jetzt „Taxierung“. Europäisches Recht wird hier einfach ignoriert. Aber das ist wieder ein Thema für sich. Es gab (und gibt immer noch) einige andere Dinge zu erledigen. Steuerpflicht, Krankenversicherung, Behördengänge.
Am 3. September ging es dann endlich los Richtung Kreta! Die ersten 2 Wochen hatte ich Urlaub und konnte dadurch schon viele Dinge vor Ort erledigen. Meine zukünftigen Berichte habe ich rechts im Menü nach Monaten gegliedert. Ich möchte mich nicht zu intensiv damit beschäftigen müssen, aber dennoch will ich meine Erfahrungen teilen können.
Ein Sprichwort unbekannter Herkunft lautet:
„Man darf im Leben nicht zu früh nach Kreta kommen, sonst sieht man nichts anderes mehr von der Welt…“
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